Im November 2019 erhielt ich eine Information von Helikon Events in Köln, die eine Führung durch die MMC Studios, speziell für blinde und sehbehinderte Menschen in ihr umfangreiches Angebot übernommen haben. Ich bin sofort in Kontakt getreten, aber durch die Pandemie konnten wir lange Zeit nichts unternehmen.

Mit den ersten Lockerungen habe ich mich mit Helikon in Verbindung gesetzt und gleich ein Wochenende vereinbart. Gewohnt haben wir in der Jugendherberge in Deutz, ein ziemlich neuer, schicker Laden. Der Besuch in den MMC Studios war das Highlight unseres Wochenendausfluges. Vorher aber hatten wir noch Zeit, spazierten durch den Dom und bestiegen den Südturm bis zur Plattform auf 97m über 533 Stufen. Es wehte dauernd ein kühler Wind am Wochenende, aber beim Hochsteigen kamen wir ordentlich ins Schwitzen. Andächtig bestaunten wir im Glockenturm den „dicken Pitter“, die größte der 11 Glocken, der 24 Tonnen wiegt. Gerne wären wir noch geblieben, aber während eines Geläutes darf sich niemand um die Glocken herum aufhalten. 

MMC Studios

Das Gelände erstreckt sich über 157.000qm, Studiofläche sind 27.000qm. Produziert werden dort u. a. Shows wie Masked Singer, Grill den Henssler, Höhle der Löwen.

Am Tag unseres Besuchs fand DSDS statt, leider durften wir nicht ins Studio, um die Dekoration nicht vor Beginn zu sehen. Dafür aber wurden wir ins Studio von Let’s dance geführt. Man kann die Show mögen oder nicht, aber die Gestaltung des Studios ist schon sehr beeindruckend. Große Kronleuchter, Plüsch um das Jurorenpult, die auf Gerüst gebauten Sitzreihen und etliche Kameras, auch welche, die die Kameramenschen an die Decke hieven sind die wesentlichen Bestandteile. Mit viel Sprache brachte uns Guide Philipp die Einzelheiten näher, beschrieb uns die Örtlichkeiten und wir durften auch mal was anfassen.

Sehr interessant war auch die Begehung der Außenanlagen, aus der Serie Unter uns. Zum Ende kamen wir in ein Talkshow-Studio, platzierten uns vor dem Greenscreen und fanden uns so auf einmal am Strand und vor dem Eiffelturm wieder. Es waren viele Schritte bis dahin und wir brauchten eine Stärkung. Am Samstag ist Fußball-Tag, das konnten wir in der Kölner Gastwirtschaft lautstark erfahren, der FC hatte gegen Augsburg 4:1 gespielt und die Apple-Watch warnte plötzlich bei einem Geräuschpegel von über 90 Dezibel vor Hörschäden. Abends bestaunten wir den Sonnenuntergang am Kennedy-Ufer und mischten uns unters Partyvolk.  

Für Sonntag und unsere weitere Freizeitgestaltung hatte ich im Voraus einen escape-room gebucht, schön gelegen in einem alten Klinkergebäude am Rheinauhafen (gleich neben dem Schokoladenmuseum). Die „Hofman-Formel“ war das Thema unseres Raumes. Es drehte sich dabei um ein chemisches Labor mit vier Mitarbeiter:innen. Wir wurden eingeschlossen, der Countdown lief, in den 60 Minuten Rätselzeit mussten wir versuchen, eine sich unaufhaltsam nähernde chemische Reaktion zu neutralisieren, es ging ums Überleben…
Leider schafften wir es nicht ganz, trotz mancher Hilfestellung aus dem off. Aber es hat wirklich sehr viel Spaß und Spannung gebracht.

Wir wollten noch Zeit in Köln verbringen und da uns der erste escape-room so gut gefallen hat, gingen wir am Nachmittag in einen weiteren, mit dem Thema: „Die Kunst des Stehlens“. Wir befanden uns im Büro eines Boxers, der mit seinem Hund, auch ein Boxer, für genau 60 Minuten beim Gassi gehen war. Angeblich hatte er, als Kunstsammler, das präparierte Ohr Van Goghs in seinem Besitz und wir mussten es finden, bevor er von der Runde zurückkehrt. Schade, auch hier hätten wir etwa 2 Minuten länger gebraucht, wir bekamen aber noch Hilfe und durften das Ohr ausfindig machen, der Hund brachte uns darauf ;)

Bedenken, ein escape-room sei weniger was für blinde Menschen schob ich beiseite und sie bestätigten sich überhaupt nicht, denn auch wenn man in so einem Raum nichts sieht, es gibt eine Menge zu tasten und erfühlen. Blindheit schließt logisches Denken überhaupt nicht aus und davon braucht man in so einem Zimmer eine Menge!

Trotz zu spät extrahierter Hofman-Formel und dem pünktlich zurückgekehrten Boxer samt Hund blieben wir unversehrt und konnten am frühen Abend in unserem weißen Bus die Heimreise antreten.

Text: Michael Heuer
FreiZeitZentrum